top of page

Die Geschichte von Hanf in der Schweiz – Vom Bauernkraut zum Lifestyle-Produkt


Hanf gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit – und auch in der Schweiz blickt die Pflanze auf eine bewegte, faszinierende Geschichte zurück.Von der Landwirtschaft über die Textilherstellung bis hin zu umstrittenen Verboten und schließlich zur CBD-Revolution: Hanf war in der Schweiz nie einfach nur „eine Pflanze“.

Dieser Artikel nimmt dich mit auf eine Reise durch Jahrhunderte: Von Flachsfeldern über Polizeirazzien bis in stylische Concept Stores.

1. Mittelalter bis 19. Jahrhundert – Hanf als Rohstoff in der Agrarwirtschaft

Schon im Mittelalter wurde Hanf in der Schweiz flächendeckend angebaut – vor allem für:

  • Textilien (z. B. Seile, Kleidung, Segel)

  • Papier

  • Ölgewinnung aus Hanfsamen

  • Nahrung für Mensch und Tier

👉 Die Pflanze galt als „Alleskönner vom Feld“ – genügsam, robust und regional anbaubar.Vor allem im Berner Oberland und der Ostschweiz wurde Hanf angebaut.

Historischer Fakt:In Klöstern wie Einsiedeln wurde Hanf bereits im 13. Jahrhundert zur Herstellung von Papier verwendet.



2. 20. Jahrhundert – Das allmähliche Verdrängen und die Dämonisierung

Mit dem Aufkommen von Baumwolle und synthetischen Fasern im 20. Jahrhundert verlor Hanf wirtschaftlich an Bedeutung.Parallel dazu beeinflussten globale Entwicklungen (v. a. in den USA) das Bild vom Hanf – insbesondere durch die „Reefer Madness“-Bewegung in den 1930ern.



In der Schweiz konkret:

  • 1951: Hanf wird ins Betäubungsmittelgesetz (BetmG) aufgenommen – allerdings nicht verboten, sondern unter Vorbehalt gestellt.

  • 1960er–1980er: Hanf verschwindet weitgehend aus dem Alltag – außer in der alternativen Szene.

  • 1995: Erster großer „Hanfboom“: Viele Shops verkaufen „Duftkissen“ – legal, solange nicht zum Konsum bestimmt.

3. Die Hanfblüten-Ära der 1990er – und das rechtliche Chaos

Die Situation:

  • Produkte mit <0.3 % THC waren de facto legal – solange kein Konsumzweck deklariert war.

  • Shops boomten – Hanfkissen, Aromabeutel, Hanfzigaretten.

  • Über 600 Hanfgeschäfte entstanden schweizweit.


Die Reaktion:

  • Polizei, Behörden und Gerichte reagierten zögerlich.

  • Der rechtliche Rahmen war unklar – bis das Bundesgericht 2004 die Konsumnähe als Kriterium anerkannte.

  • Die Folge: Massenhafte Schließungen, Hausdurchsuchungen und Verfahren.


4. 2008–2016: Das dunkle Jahrzehnt

Die Schweiz galt in dieser Zeit als Hanfwüste mit hoher Repression.Der Besitz kleinster Mengen wurde teilweise mit Bussen oder Anzeigen geahndet.

Gleichzeitig entstand in kleinen Kreisen eine neue Bewegung:Züchterinnen, Botanikerinnen und Aktivist*innen begannen, THC-arme, aber cannabinoidreiche Sorten zu selektieren – die Grundlage für CBD.


5. Ab 2016 – Die CBD-Revolution

Der Wendepunkt:

  • Im Juli 2016 bestätigte das BAG offiziell:→ CBD fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, wenn der THC-Gehalt <1 % liegt.→ Produkte dürfen verkauft werden – als Tabakersatz, Aromaprodukt oder Kosmetik.

Die Folge:

  • CBD boomt.

  • Shops entstehen landesweit, sowohl stationär als auch online.

  • Züchter entwickeln neue Sorten mit optimiertem Terpenprofil und minimalem THC.

  • Start-ups, Apotheken, Großverteiler (z. B. Coop, Lidl, Migros) ziehen mit.

  • Die Schweiz wird zum CBD-Pionierland Europas – mit über 700 registrierten CBD-Produzenten (Stand 2019).

6. Heute – Lifestyle, Wissenschaft und Regulierung

CBD ist heute:

  • fester Bestandteil im Wellness- und Naturkosmetikmarkt

  • Thema in der Forschung, z. B. zu Schlaf, Stress oder Regeneration

  • präsent in Lifestyle-Produkten, von Ölen bis Gummibärchen

  • rechtlich teils umkämpft (z. B. beim Bewerben von Wirkung)

Aber: Die Pflanze ist gesellschaftlich angekommen – in Reformhäusern, Yoga-Studios und sogar Tierpraxen.

Zahlreiche Züchter und Anbieter aus der Schweiz gelten heute als internationale Qualitätsführer – darunter viele kleine Manufakturen, die auf Genetik, Terpene und Natürlichkeit setzen.

Fazit

Hanf hat in der Schweiz einen langen Weg hinter sich – vom selbstverständlichen Bauernkraut über das Dämonisierte bis hin zum heutigen Lifestyle-Produkt. Seine Geschichte ist eng verwoben mit gesellschaftlichen Umbrüchen, politischen Zickzackkursen – und einem bemerkenswerten Comeback.

Und wer weiß: Vielleicht ist das noch lange nicht das Ende dieser Pflanze.

Quellen:

  • Bundesamt für Gesundheit (BAG)

  • Bundesgerichtsurteile BGE 131 IV 175 (2004)

  • Historisches Lexikon der Schweiz

  • Hanfverband Schweiz / BioCan

  • Interviews mit CBD-Pionieren aus Zürich, Bern und Glarus (2022–2024)

 
 
 

Comments


bottom of page